Unlautere Nachahmung
Aufgabe der Rechtsprechung zum Einschieben in fremde Serie und zur Modeneuheit
Wettbewerb lebt auch von der Nachahmung. Daher ist es grundsätzlich erlaubt, beim Mitbewerber abzukupfern. In der Praxis ist das riskant: Wer Produkte oder Leistungsangebote seines Mitbewerbers übernehmen möchte, hat nicht nur Urheber-, Design-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Namens- oder Patentrechte zu prüfen, sondern auch den lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz.
Dieses Institut schützt solche Produkte, die „wettbewerbliche Eigenart“ aufweisen, sofern besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Solche Umstände sind die vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft oder eine unangemessene Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts. Die Rechtsgrundlage ist § 4 Nr. 3 UWG. Ansprüche bestehen auf Unterlassung und Schadensersatz.
Aus den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen ergibt sich noch keine klare Linie. Die Rechtsprechung gewährt diesen Schutz für alle möglichen Arbeitsergebnisse (Sandmalkästen, Modeneuheiten, Goldbären, fiktive Figuren). Der BGH (Urt. v. 04.05.2016 – I ZR 58/14) hat nun eine Datenbank als schutzfähig angesehen, wenn diese aufgrund der Vollständigkeit und Zuverlässigkeit ihres Inhalts eine besondere Gütevorstellung im Verkehr genießt. Aber wer wollte schon eine unvollständige und unzuverlässige Datenbank kopieren.
Voraussetzung ist dann die wettbewerbliche Eigenart des Erzeugnisses, das Erzeugnis muss Merkmale aufweisen die geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft und Besonderheiten hinzuweisen. Das Produkt muss also eine besondere Güte haben, die es im Markt wiedererkennbar macht.
Nachahmen kann nur, wer das Original kennt. Dieses Original muss in der Nachahmung wiedererkennbar sein und die Nachahmung muss zumindest teilweise als eigene Leistung angeboten werden. Es müssen grade die Merkmale übernommen sein, die die wettbewerbliche Eigenart ausmachen.
Die Nachahmung muss schließlich unlauter sein und hier hat der BGH (Urt. v. 04.05.2016 – I ZR 58/14) seine Rechtsprechung geändert. Die Unlauterkeit soll sich nicht mehr aus einer Behinderung des Originalherstellers ergeben können. Die Rechtsfigur des „Einschiebens in fremde Serie“ entfällt ebenso wie der Modeneuheitsschutz. Der BGH verweist auf das Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht oder den Behinderungsschutz nach § 4 Nr. 4 UWG.
Unternehmen, die eine Unterlassungserklärung auf der Grundlage dieser beiden Rechtsinstitute abgegeben haben, sollten jetzt dringend eine außerordentliche Kündigung wegen Änderung der Rechtsprechung prüfen. Eine feste Kündigungsfrist gibt es hierfür nach BGH (Urt. v. 26.9.1996, I ZR 194/95 – Altunterwerfung II) zwar nicht, aber diese Unklarheit geht in der gerichtlichen Praxis leicht zu Lasten des Kündigenden.
Entfallen ist nun auch die zeitliche Befristung des ergänzenden Leistungsschutzes. Der BGH hatte die Schutzdauer für Modeneuheiten auf eine Saison begrenzt und sich für technische Gestaltungen beim Einschieben in fremde Serie an der Schutzdauer für Patente orientiert. Zukünftig kann der Originalhersteller vorgehen, solange er unlauter nachgeahmt wird – und Grenzen von Verjährung und Verwirkung.