
Start-ups aufgepasst! – Equal Treatment-Pflicht für jedes Unternehmen
Mit dem neuen AÜG haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in vielerlei Hinsicht umzustellen. So sieht das Gesetz ab 01.04.2017 erweiterte Gleichstellungsregelungen vor. Diese gelten für jedes Unternehmen, Start-ups eingeschlossen. Sie sollten sich daher intensiv mit den neuen Anforderungen an Equal Pay und Equal Treatment auseinandersetzen.
Die Equal Treatment-Regelung
Unterhält ein Unternehmen Leiharbeitnehmer, sind diese in gleicher Höhe zu bezahlen, wie vergleichbare Stammarbeiter des entleihenden Unternehmens (Equal Pay). Sie sind also mit ihnen „gleichzustellen“. Darüber hinaus sind auch Sachbezüge in die Gleichstellung miteinzubeziehen (Equal Treatment).
Dennoch kann sich für die Gleichstellung zunächst am Equal Payment orientiert werden. Denn es gilt als „Indiz“ dafür, dass der Gleichstellungsgrundsatz erfüllt ist. Nach § 8 II 2 AÜG wird also vermutet, dass Leiharbeitnehmer und vergleichbare Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes gleichgestellt sind, wenn ihre tariflichen Arbeitsentgelte in der Höhe übereinstimmen.
Behauptet der Arbeitnehmer, dass er tatsächlich eine niedrigere Vergütung erhält, als er nach dem Vergütungsniveau des Entleiherbetriebs erhalten müsste, hat er dies darzulegen und zu beweisen. Die Anforderungen an die Beweis- und Darlegungslast sind dabei vereinzelt erleichtert.
Praxisprobleme
Für den Entleiher könnten sich mithin Schwierigkeiten in der Umsetzung der Gleichstellungsanforderungen ergeben, wie das Equal-Treatment-pflichtige Entgelt im Einzelnen zu ermitteln ist.
Der erste Schritt ist ein Gehaltsvergleich zwischen dem Leiharbeitnehmer und einem „vergleichbaren“ Arbeitnehmer des Entleihers. „Vergleichbar“ ist ein Arbeitnehmer dann, wenn er derselben oder zumindest einer vergleichbaren Tätigkeit nachgeht, wie der Leiharbeitnehmer. Wenn im betroffenen Betrieb kein entsprechender Arbeitnehmer arbeitet, muss dieser Gehaltsvergleich hypothetisch erfolgen.
Danach ist das Arbeitsentgelt zu ermitteln, dass der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er nicht an den Entleiher überlassen, sondern direkt bei diesem eingestellt worden wäre. Dafür sind alle Lohnbestandteile miteinzubeziehen. Die Gleichstellung erstreckt sich also auch auf Zuschläge, Zulagen vermögenswirksame Leistungen oder erhöhte Urlaubsentgelte.
In Bezug auf gewährte Sachbezüge kann auch ein Wertausgleich in Geld erfolgen.
Abweichungsmöglichkeiten und Ausnahmen
Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, von der Equal-Treatment-Bestimmung abzuweichen, sofern dies tarifvertraglich geregelt ist. Neu daran ist, dass ein Abweichen vom Gleichstellungsgrundsatz nur für die ersten neun Monate einer Überlassung – bei demselben Entleiher – möglich ist.
Für Branchenzuschlagstarifverträge gilt, dass die Equal-Treatment-Verpflichtung bis zu 15 Monate ausgesetzt werden kann, wenn die Vergütung stufenweise erhöht wird. Voraussetzung hierfür ist, dass die stufenweise Entgelterhöhung bereits nach 6 Einsatzwochen beginnt.
Folgen bei Verstößen
Wird gegen den Gleichstellungsgrundsatz verstoßen drohen nicht nur die Unwirksamkeit der Vereinbarung und Gleichstellungsanspruch nach § 8 I AÜG, sondern auch
- Bußgelder in Höhe von bis zu 500.000 EUR
- ein Versagungsgrund für die Erlaubniserteilung bzw. Widerrufsgrund für eine bereits erteilte Erlaubnis (§ 5 iVm § 3 I Nr. 3 AÜG) sowie
- eine Fiktion des Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher.
Bei letzterer wird der Leiharbeitnehmer automatisch zum Arbeitnehmer des Entleihers.
Die Einhaltung des Equal-Treatment-Grundsatzes ist also dringend zu empfehlen.
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