
meins, meins, meins – Wann bestehen Urheberrechte?
In aller Munde, aber doch noch oft ein unbekanntes Wesen. Dabei besteht das Urheberrecht aus mehr als dem rechtswidrigen Tausch von Musik und Filmen über Filesharing-Netzwerke.
Urheberrechte schützen das verkörperte Produkt von Ideen, geistiger Arbeit und Zeit. Oft sind hierfür erhebliche Investitionen erforderlich. Ob man nun eine App über den Apple-Store vertreibt oder ein Management-Tool in der Cloud anbietet, die Grenzen und der Umfang der bestehenden Urheberrechte müssen vorab geprüft werden. Zudem schützt ein professionelles Rechtemanagement davor, selbst für Verletzungshandlungen in Anspruch genommen zu werden.
Geschützte Werke im Urheberrecht
Es muss nicht gleich ein Picasso oder ein Roman von Kafka sein. Die Schwelle zum geschützten Werk liegt viel niedriger: Geschützt sind alle Werke, die eine persönliche geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellen.
Typische Werkarten sind z.B.:
- Texte,
- Fotografien,
- Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen
- Datenbanken,
- Software,
- Filme und
- Musik.
„Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann.“ (BGH Urteil v. 13.11.2013 – I ZR 143/12)
Ob der Spielraum für die Gestaltung des konkreten Werkes nach der Definition des BGH hinreichend kreativ genutzt worden ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Während Fotografien sehr schnell dem Urheberrecht unterfallen, wird man bei Websitetexten schon eine genauere Prüfung vornehmen müssen. Je kürzer der Text ist, desto höher werden die Anforderungen an die individuelle schöpferische Gestaltung zu stellen sein. Daher können auch Slogans oder kurze Werbetexte geschützt sein. Jedoch vergrößert sich bei längeren Werbetexten der Gestaltungsspielraum, da der Text dann in seiner optischen und sprachlichen Gestaltung oftmals individuell ausgeprägt ist. Längere Texte der Kreativbranche sind daher fast immer geschützt. Von der Gerichten wird jeder Einzelfall auf seine Schöpfungshöhe penibel seziert, eine Kostprobe bietet das Urteil des LG Köln vom 06.11.2001 – 28 O 900/10 für eine schutzfähige Schuhbeschreibung in einem Webshop:
„Der feminine Jagdstiefel M aus fettgegerbtem, vollnarbigem Nubukrindleder bietet optimalen Kälteschutz durch ein AluTherm-Zwischenfutter und ein echtes Lamfellfutter. Die Wadenschnalle ist individuell einstellbar. Der Schaftstiefel M verfügt über eine Lederbrandsohle und eine Gummiprofilsohle und ist echt zwiegenäht. Die Schafthöhe beträgt ca. 36 cm. Das Gewicht beträgt ca. 1700 g/Paar. Farbe: marone“.
Dieser besonderen Abwägung bedarf es bei Filmen, Fotos, Datenbanken und Tonaufnahmen nicht, da diese immer geschützt sind (Leistungsschutzrechte).
Wichtig ist: Urheberrechte entstehen, anders als z.B. Marken- und Patentrecht, unverzüglich und weltweit im Zeitpunkt der Werkschöpfung. Eine Antragstellung oder Eintragung ist nicht erforderlich. Für Start-Ups stellen diese Rechte daher oft den ersten Pfeil im Köcher dar, wenn eigne Waren und Dienstleistungen am Markt verteidigt werden sollen. Auch vor einem Verlust des Urheberrechts muss man keine Angst haben, da die Rechte erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlöschen (wichtige Information für Erben). Anders als z.B. im Markenrecht, ist eine zwangsweise Verwertung oder Nutzung des Werkes innerhalb bestimmter Fristen nicht erforderlich, um die Rechte nicht zu verlieren.
Hervorzuheben ist, dass nach der jüngsten Rechtsprechungsänderung des BGH nunmehr ohne größere Hürden auch Werke der angewandten Kunst Schutz genießen, ohne auf die Beantragung eines Geschmacksmusterrechts angewiesen zu sein (Urteil v. 13.11.2013 I ZR 143/12). Was sich hinter dem Begriff „angewandte Kunst“ verbirgt, wird am Gegenstand des genannten Urteils deutlich: Ein Geburtstagszug für Kinder (siehe Abbildung im verlinkten Urteil). Für solche Werke gelten nunmehr keine höheren Hürden als für Werke der zweckfreien Kunst (z.B. Romane und Musik). Produkt- oder Webdesign ist daher jetzt noch öfter automatisch geschützt.
Rechte des Urhebers, Grenzen und Besonderheiten des Urheberrechts
Dem Urheber steht ein ganzer Blumenstrauß an Rechten zu. Er kann z.B.:
- entscheiden, ob sein Werk veröffentlicht wird,
- darauf bestehen, dass seine Urheberschaft anerkannt wird (Urheberbezeichnung am Werk) oder
- das Werk wirtschaftlich verwerten (Einräumung von Lizenzen).
Für den Urheber bestehen zudem einige Rechte, die gegenüber dem üblichen Vertragsrecht exotisch wirken, wie z.B. das Recht auf angemessene Vergütung (§ 32a UrhG) oder in bestimmten Fällen Rückrufrechte hinsichtlich eingeräumter Lizenzen (§ 42 UrhG).
Nutzt ein Dritter ein geschütztes Werk ohne Erlaubnis, bestehen die unterschiedlichsten Ansprüche, um dies zu unterbinden und einen entstanden Schaden auszugleichen (z.B. Unterlassung-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche).
Das Urheberrecht hält zudem in seinen Feinheiten viele Besonderheiten bereit, so dass immer genau auf den Einzelfall geachtet werden sollte. Der Urheber muss z.B. dulden, dass aus seinem Werk zitiert wird (§ 51 UrhG) oder andere sich hiervon inspirieren lassen (freie Benutzung nach § 24 UrhG). An Werken, die während der Arbeitszeit erstellt werden, liegen alle wirtschaftlichen Verwertungsrechte beim Arbeitgeber, dies gilt aber nicht für Freiberufler (missverständlich hierzu § 43 UrhG). Daher ist mit diesen immer eine gesonderte Vereinbarung über die Urheberrechte zu treffen.
Ergebnis
Das Urheberrecht ist ein starkes Schutzrecht, das ein scharfes Schwert für den Urheber darstellt. Frühzeitig sollte ein effektives Rechtemanagement gepflegt werden, um eigene Ansprüche durchsetzen und fremde Ansprüche abwehren zu können. Dies betrifft damit nicht nur die eigenen AGB, z.B. bei der Erbringung eines Software as a Service Dienstes (SaaS), sondern auch den sorgsamen Einkauf von Rechten oder die Dokumentation des eigenen Schöpfungsprozesses (durch z.B. Entwurfsunterlagen, E-Mailverkehr, Mitarbeiternamen, Datum). Als Poor Man‘s Copyright ist zum Beispiel der Trick bekannt, einer Vertrauensperson einen Datenträger in einem verschlossenen Umschlag oder eine verschlüsselte Datei zu übermitteln, um so beweisen zu können, wann diese Informationen erstellt wurde.