
AGB und lange Verträge, notwendig oder teurer Spaß?
Viele Startups scheuen die Kosten für die Erstellung von AGB und Standardverträgen. Wann lohnt die Investition und wann kann man auf den Anwalt verzichten?
Es ist kein Geheimnis, dass bei den meisten Startups das Geld knapp ist. Es wird versucht zu sparen wo immer möglich. Eine kritische Entscheidung ist häufig, einen Anwalt mit der Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder individuellen Kundenverträgen zu beauftragen. Nach unserer Erfahrung benötigt man für die Erstellung von auf ein Unternehmen abgestimmten Geschäftsbedingungen regelmäßig acht bis zehn Stunden, um das Startup, die Leistungen und den Regelungsbedarf kennen zu lernen, die Bedingungen zu erstellen, zu erklären und abzustimmen. Handelt es sich um eine innovative Geschäftsidee oder ein umfangreiches Projekt kann der Aufwand auch noch höher liegen. Die Kosten für Standard-Sets an Verträgen beginnen damit bei anderthalb- bis dreitausend Euro.
Darauf reagieren Startups unterschiedlich. Schnappatmung, Hörer auflegen, Verträge von der Konkurrenz kopieren oder in den sauren Apfel beißen und das Geld in die Hand nehmen. Wann aber ist es eigentlich erforderlich, den Schritt zu machen?
Brauche ich überhaupt einen ausführlichen Vertrag?
Die erste Frage ist, ob das Startup besondere vertragliche Regelungen benötigt. Ohne solche Vereinbarungen, gilt das Gesetz. Verkauft man zum Beispiel individuell angefertigte Möbel, kann man sich damit zufrieden geben, in einem Auftragsformular die individuellen Maße, Wünsche und einen Liefertermin festzuhalten und ansonsten auf das BGB vertrauen.
Wenn von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden soll oder das Gesetz einen Handlungsspielraum gibt, sollten vertragliche Regelungen getroffen werden. Ein klassischer Fall sind Regelungen zu Nutzungsrechten an Software. Ist nicht festgelegt, welche Nutzungen erlaubt sind, ist einzeln festzustellen, was die Parteien bei Vertragsschluss gemeint haben. Gerade bei schnell und häufig abgeschlossenen Verträgen können die Meinungen der Vertragsparteien auseinandergehen. Klassische Themen für Verträge sind außerdem Haftungsbeschränkungen, Regelungen zu Vertragslaufzeiten und Kündigungen oder zu Zahlungsmodalitäten.
Klare Regelungen sollten auch getroffen werden, wenn der Kunde bestimmte Prozesse oder Verhaltenspflichten einhalten soll. Betreibe ich zum Beispiel eine Plattform, über die Kunden miteinander interagieren, sollte ein „Hausrecht“ vertraglich vereinbart sein. Kann die entwickelte Software nur unter bestimmten technischen Voraussetzungen genutzt werden oder werden Daten oder Unterlagen vom Kunden benötigt, sollte in einem Vertrag festgehalten sein, dass der Kunde sich darum kümmern muss.
Streng oder voller Vertrauen? Wie will ich sein?
Ob man ausführliche Verträge benötigt oder nicht, hängt auch davon ab, welchen Gefahren man vorbeugen und wie man sich positionieren will. Vertraue ich meinen Kunden oder möchte ich im Notfall die Daumenschrauben anziehen können? Möchte ich die Effizienz formalisierter Verfahren nutzen oder bevorzuge ich Lösungen im Einzelfall?
Wendet sich die Leistungen an eine größere Menge Kunden, wird es sich lohnen, die Vertragsbeziehungen zu strukturieren und über AGB einheitlich zu halten. Hat man nur wenige Kunden, die man idealerweise dauerhaft betreut, kann auch mit kurzen und knappen Absprachen und Verträgen gearbeitet werden. Eine kurze Recherche zur Branche verrät zudem, ob in einem Geschäftsbereich traditionell viel gestritten wird oder ob Streitigkeiten informell aus dem Weg geräumt werden.
Wie vermeide ich viel Aufwand beim Anwalt?
Kommt man zum Schluss, dass man besser mit AGB und Verträgen fährt, kann man den Erstellungsaufwand und damit die finanzielle Belastung auf verschiedene Weise verringern. Allem Unwillen zur Beschäftigung mit juristischen Fragen zum Trotz, kann es eine Menge Geld sparen, sich vorab mit vertraglichen Fragen zu beschäftigen. Verfügt ein Startup bereits über konkrete Beschreibungen der Leistungen, vernünftig aufgezeichnete Prozesse und klare Vorstellungen z.B. zu Fragen wie Laufzeiten von Verträgen, Lizenzmodellen oder Abrechnungsmodalitäten kann dies die Einarbeitung und erforderliche Absprachen und Nachfragen um einige Stunden verkürzen. Sollten diese Punkte noch gar nicht bedacht sein, ist die Erstellung von Verträgen ein guter Anlass, die eigenen Abläufe und die Beziehungen zum Kunden konstruktiv auszugestalten.
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